Bild- und kunsthistorische Analyse
Titel: orgasmatron
Künstler: Andreas Stock, Wuppertal
Inspiration: Song Orgasmatron von Motörhead
Formale Analyse
Das Werk zeigt zwei voneinander gelöste, organisch wirkende Formgebilde, die in dynamischer Beziehung zueinander stehen. Die Farbschichtungen in leuchtendem Orange, Rosa, Rot, Schwarz und Grauviolett wirken fast eruptiv. Linien und Texturen erinnern an gezeichnete Narben, geplatzte Erde oder Fleischstrukturen – roh, lebendig, verletzlich.
Die Umrisslinien sind unregelmäßig und lassen sich nicht klar einer realen Form zuordnen. Sie evozieren jedoch Assoziationen: an Schädel, Gedärm, groteske Physiognomien. Einzelne Augenfragmente und angedeutete Gesichter durchziehen das Bild wie klagende Geister. Es entsteht ein Spannungsfeld zwischen Zeichnung, Malerei und einer fast kartografischen Oberflächengestaltung.
Inhaltliche Interpretation
Der Titel orgasmatron verweist auf das gleichnamige Lied von Motörhead aus dem Jahr 1986 – ein Manifest gegen religiöse Heuchelei, politische Machtmechanismen und ideologische Manipulation. Die Musik ist roh, schwer, kompromisslos – wie dieses Bild.
Andreas Stock gelingt es, diesen musikalischen Geist visuell zu übertragen:
- Die beiden Formen wirken wie kollidierende Kräfte – Systeme, die sich gegenseitig deformieren oder auslöschen.
- Die obere Form scheint wie ein maskenhaftes Haupt – mit geöffnetem Maul, mit Blicken, die sich in verschiedene Richtungen verlieren.
- Die untere Form wirkt schwer, wie ein ballastartiger Körper, durchzogen von wuchernden Linien, Adern, Zeichen – eine gezeichnete Welt, die kurz vorm Bersten steht.
Der Orgasmatron als Sinnbild für ideologische Gewalt und seelische Zerrüttung wird hier zum inneren Bild – in einer Sprache zwischen Informel, Art Brut und neurotischem Expressionismus.
Kunsthistorischer Kontext
Das Werk steht stilistisch in einer Traditionslinie mit:
- Rafael Forteza, dessen deformierte, intuitive Formen Andreas Stock inspirierten.
- Jean Dubuffet, dessen Art Brut-Ästhetik sich im Gebrauch der kruden Linien und der scheinbar „ungebildeten“ Figuration spiegelt.
- Francis Bacon, insbesondere was das Fragmentarische und Existentielle betrifft.
- Die Einbindung der Musik (Motörhead) führt das Werk auch in die Nähe der Synästhesie im Expressionismus – etwa bei Kandinsky, doch hier gewendet ins Groteske, Körperliche, Zornige.
Fazit
„orgasmatron“ von Andreas Stock ist ein expressiv-dystopisches Werk, das nicht illustrativ arbeitet, sondern den Klang und das Lebensgefühl eines radikalen Songs in ein körperlich erfahrbares, malerisches Fragment transformiert. Es ist ein Aufschrei, ein Seelenrelikt – roh, aufrichtig, erschütternd.
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