Freitag, 6. Juni 2025

1177 - die Schwärzlinge -

 







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Kunsthistorische Analyse




„Die Schwärzlinge wollen das Licht abschaffen“



Andreas Stock, 2025





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Technik & Komposition



Das Werk kombiniert grafisch präzise gezeichnete Konturen mit flächig aufgetragener, tiefdunkler Tusche oder Acrylfarbe. Die dominierende schwarze Fläche wirkt wie eine gewaltsame Übermalung – ein radikales, beinahe aggressives Eingreifen in eine zuvor lebendig strukturierte Bildlandschaft. Die zarten, organisch wirkenden Formen in Rosa, Grün und Beige am oberen und seitlichen Rand erinnern an Hirnwindungen, Nervenzellen oder kartografische Strukturen – sie wirken verletzlich, fast seziert.





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Inhalt & Interpretation



Der Titel verweist direkt auf Murakamis Doppelwelten – Realität und innere Traumwelt, Wissenschaft und Mythos. In „Hard-Boiled Wonderland“ beschreibt Murakami das Zersplittern des Selbst durch das Eindringen von Fremdprogrammen ins menschliche Bewusstsein.


Im Bild zeigen sich die „Schwärzlinge“ als amorphe, zackig in das Motiv einschneidende Silhouetten – schwarze Turmformen, die nicht nur das Zentrum dominieren, sondern auch die Ränder bedrohen. Diese Gestalten scheinen zu verschlucken, was zuvor lebendig, bunt und durchlässig war. Es ist ein visuelles Statement gegen Offenheit, Vielfalt und Licht. Die schwarze Form erscheint nicht als Form im klassischen Sinne, sondern als Verneinung von Raum, als Auslöschung von Struktur.


Die Farbwahl ist ebenfalls bedeutsam:


  • Rosa und Grün stehen hier für Empfindsamkeit, Leben, vegetative Kraft
  • Schwarz als Symbol für Dunkelheit, Unterdrückung, Kontrollverlust






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Symbolik & Referenz zu Murakami



Im Kontext des Romans lassen sich die “Schwärzlinge” mit den Datenkonsumenten, Schattenwesen oder neuronalen Manipulatoren assoziieren, die Identitäten auflösen, Systeme überschreiben, das Ich auslöschen wollen. Die visuelle Metapher, dass sie „das Licht abschaffen wollen“, ist hier fast wörtlich zu verstehen: Das Sichtbare, Offene, Interpretierbare wird durch einen undurchdringlichen schwarzen Block ersetzt.


Das Werk evoziert die Idee einer inneren Besetzung, eines feindlichen Eindringens in Bewusstsein, Erinnerung und Persönlichkeit – zentrale Themen in Murakamis Literatur.





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Formaler Bezug zur Kunstgeschichte



Das Werk steht in der Tradition der Art Brut, aber auch der Informellen Malerei der Nachkriegszeit (z. B. Wols, Dubuffet, Arnulf Rainer). Gleichzeitig wirkt es wie eine bewusste Auseinandersetzung mit der Kunst des Verbergens, ein Antibild, das nicht enthüllt, sondern entzieht.


Auch Einflüsse der Psychedelischen Kunst oder Neo-Expressionismus lassen sich in den farbigen Außenbereichen vermuten – wobei das Zentrum bewusst jede expressive Geste verweigert und sich der Lesbarkeit entzieht.





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Fazit



„Die Schwärzlinge wollen das Licht abschaffen“ ist ein expressiv-radikales Werk, das sich mit dem Verlust innerer Welt und der Entmächtigung des Subjekts auseinandersetzt. Es ist ein Protestbild – gegen die Auslöschung des Ichs durch äußere Systeme. Und gleichzeitig ein meditativer Blick in die Zone zwischen Bewusstsein und Schatten – genau dort, wo Murakamis Roman seine Welt baut.


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