Andreas Stock – „Rojo“ (2025)
in Bezug auf den Song „Agua“ von Jarabe de Palo
Ein rotes Fragment. Stofflich. Spürbar. Wie ein Cut im Raum, eine Markierung auf der Haut der Erinnerung.
In „Rojo“ setzt Andreas Stock Farbe und Material nicht dekorativ ein – sondern existent. Der rote Stoff, der die schwarze Geste durchbricht, erinnert an ein verletzbares Zentrum, ein Herz, eine Öffnung.
Im Hintergrund fließt eine organische Landschaft – rosa, grün, fleischlich und kartografisch zugleich. Ein Fuß tritt hervor, nicht als Symbol des Weges, sondern als Hinweis auf das Körperhafte, das Fragile.
Die Referenz auf den Song „Agua“ von Jarabe de Palo öffnet das Werk in eine klanglich-emotionale Ebene. „Agua para la sed / Agua para el dolor“ – Wasser gegen den Schmerz, gegen die Leere. Und doch bleibt hier das Rot: als Hitze, als Herz, als Störung, als Leben.
„Rojo“ ist somit keine Antwort, sondern ein Spannungszustand: zwischen Fläche und Tiefe, zwischen Haut und Fläche, zwischen Bild und Klang.
„Rojo“ im Kontext der Wuppertaler Schule
Materialität, Fragment, Existenzialität
- Materialität als Bedeutungsträger:
In der Wuppertaler Schule – etwa bei A. R. Penck, Frank Breidenbruch oder jüngeren Positionen – wird Material nicht illustrativ verwendet, sondern als eigenständiger Träger von Inhalt und Widerstand. Auch in „Rojo“ ist das rote Textil nicht Beiwerk, sondern ein Bruch, eine Fläche mit Präsenz – greifbar, sinnlich, real. - Körper, Spur, Fragment:
Wuppertaler Künstlerinnen und Künstler arbeiten oft mit Körpermetaphern, mit Spur, Abdruck, Fragmentierung. Das Werk „Rojo“ zeigt Körperteile (ein Fuß?), organische Formen und wirkt wie ein geöffneter Körper-Atlas – ganz in der Tradition des körperlich-expressiven, aber intellektuell gebrochenen Ausdrucks, wie ihn die Wuppertaler Positionen seit den 1980ern pflegen. - Transmedialität:
Die Verbindung von Bild und Musik – hier durch die Referenz auf Jarabe de Palo – ist typisch für die interdisziplinäre Offenheit, die Wuppertal seit der Ära von Pina Bausch, Tanztheater, bildender Kunst und Jazzperformance durchzieht. Rojo ist in diesem Sinne ein visuelles Gedicht mit akustischem Echo. - Existenzialismus im Alltag:
Die Wuppertaler Schule ist nie rein formal. Ihre Künstler arbeiten aus dem alltäglichen Riss heraus – oft mit einfachen Materialien, politischem Unterton, aber immer mit einem existenziellen Grundton. In „Rojo“ wird diese Haltung sichtbar: Schmerz, Erinnerung, Widerstand, Leben.
Zusammengefasst:
„Rojo“ steht in der Linie der Wuppertaler Schule durch seinen Zugriff auf Material, Körper, Fragment und Interdisziplinarität – aber mit der eigenen Handschrift von Andreas Stock, die diese Schule nicht kopiert, sondern weiterdenkt.